Montag um die Mittagszeit stand ich an einer Fußgängerampel, die rot zeigt, als ein ganzer Schwarm Schüler im Alter von ca. 10-15 Jahren die Straße überquerte. Nahezu jeder hatte sein Smartphone in der Hand und stierte aufgeregt auf das Display. Ich wunderte mich, denn normal wird nach Schulschluss kräftig geschnattert, irgend etwas musste die Schüler aber so fasziniert haben, dass nur das Smartphone angesagt war.
Am Nachmittag traf ich eine Bekannte mit ihrem 12jährigen Sohn, der ebenso sein Smartphone nicht aus den Augen ließ. Da bekam ich die Erklärung, er spielte Pokémon Go und wurde sofort aufgeklärt, was das ist. Ein Spiel, das so spannend zu sein scheint, dass die Mutter es schon nicht mehr hören möchte. „Ich stand an einer roten Ampel“, sagte sie zu mir „und Finn rief ganz aufgeregt, gleich hab‘ ich ihn, gleich hab’ ich ihn, fahr mal schnell 20 m vor“.
Nun trieb mich meine Neugier, was es mit dem Pokémon Go denn so auf sich hat. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das eine virtuelle Jagd auf kleine Monster. Hat man sie entdeckt, wirft man einen Ball auf sie, damit sie sie größer und stärker werden. Dann kämpfen sie gegen andere Pokémons. Also gilt es, Pokemons einzufangen und so Boni um Boni zu bekommen. Ich schaue jetzt besonders aufmerksam auf Fußgänger und sehe sogar erwachsene Menschen auf der Jagd.
Okay, Computerspiele gibt es, seit es Computer gibt. Ich erinnere mich noch an meinen allerersten PC. Der lief nur auf DOS, der Monitor schwarz-weiß und eine Maus hatten nur die Macs und Mac-Nutzer haben wir damals nur belächelt. Mit DOS musste man noch richtig Befehle lernen und zum Feierabend dauert die Datensicherung auf mehreren Disketten schon mal 30 Minuten. Da hatte ein findiger DOS-Programmierer ein Spielchen eingebaut. Es hieß „Gorilla“. Da sah man ein paar angedeutete Hochhäuser, davor stand ein Gorilla und versuchte, Bananen über die Hochhäuser zu werfen. Wurde das Hochhaus getroffen, hatte man verloren. Für die Kaffeepause ein lustiges Spielchen, mit dem man heute keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken kann. Die Spiele heute können in der Tat recht süchtig machen, scheinbar gehört Pokémon Go auch dazu.
Aber einen sehr großen Vorteil hat das Spiel. Sagt man doch, dass das Sitzen das neue Rauchen ist, so verhilft Pokémon Go Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sich mal wieder an frischer Luft aufzuhalten, auch wenn sie außer dem Display nichts sehen, aber sie bewegen sich wenigstens.
Also Pokémon Go nicht verteufeln.